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"Mein Herz, eines will ich Dir sagen:
Werde eine freie Wildnis für die Menschen und nicht ein mit Liebe verkleidetes Gefängnis.
Liebe die Menschen, aber nicht für Dich sondern für sie.
Versuche nicht sie an Dich zu binden.
Verheimliche und tarne nicht den Ausgang.
Wenn Du einen Menschen liebst, mein Herz, nimm ihn nicht auf wie einen Sklaven oder einen Gefangenen.
Lass ihn frei, lass die Türe offen.
Vielleicht sieht er gerade dann nach der Tür.
Vielleicht will er gehen, wenn Dir seine Anwesenheit am liebsten und kostbarsten ist.
Dann steh auf, begleite ihn zur Tür und lass ihn ziehen,
auch, wenn er ein Stück von Dir mitreisst.
Die Nacht war schön, auch wenn Du ganz allein versuchst Deine Wunden zu heilen.
Wie eintönig und leer sind dagegen jene Sklavenfeste, wo Dir der Gefangene Deiner Liebe mit ausdruckslosen Augen und müder Stimme Lieder singt.
Er weiß nichts zu erzählen.
Seine Gesellschaft ist langweilig und erzwungen.
Lass ihn frei, dann wird es schön, anmutig und geheimnisvoll.
Du wirst den Tag nicht vergessen, wenn einer von ihnen Dich einmal in Frieden besuchen kommt.
Er wird neben Dir sitzen, nicht gebunden sein und doch bleiben.
Er wird Dir mit leuchtenden Augen von seinem Leben erzählen.
Du wirst den Reichtum dieser Begegnung erfahren und mit der früheren Huldigung der Sklaven vergleichen und gar nicht begreifen, dass Du einmal so töricht warst und Dich bemühtest, die Menschen an Dich zu binden.
Mein Herz, bewahre Dir die Kraft, die Menschen frei zu lassen, die Du liebst.
Sei kein Sklavenhalter!
Kontrolliere nicht die Liebe und sichere sie nicht ab, so beleidigst Du nur ihr vornehmes und schönes Wesen.
Je freier Du die Menschen hinauslässt, umso überraschter und schöner ist ihre Wiederkehr.
Erinnere Dich aber auch an jene, die Du freigelassen hast und nie mehr wiederkehren, mit Freude und Stolz, denn sie haben wohl eine größere Freiheit gefunden.
Stark und mächtig sollst Du Dich fühlen, mein Herz, damit Du nie zu einem Menschen sagen musst: "Bleibe bei mir, ich brauche Dich, ich kann ohne Dich nicht leben."
Miss Deine Liebe nicht daran, dass Du an einen Menschen verfallen bist und nicht mehr ohne ihn leben kannst.
Wenn Du Deine Liebe messen willst, so horche, ob Du ohne Resignation, ohne Verbitterung, ohne Enttäuschung die Menschen aus Deinem innersten Räumen ziehen lassen kannst.
Denn so oft Du zu binden beginnst und sei es mit den feinsten Fäden der Sehnsucht und der Liebe, triffst Du die erste Vorbereitung für ein Sklavenfest.
Selbst wenn Dir ein Mensch ein Band reicht, damit Du ihn an Dich bindest, tue es nicht.
Wenn er Dir Liebe und Treue bis in den Tod schwört, nimm diesen Schwur niemals an.
Bleibt er gerne, so ist dieser Schwur unnötig.
Wird er einmal nicht mehr gerne bleiben wollen, so wird er diesen Schwur im geheimen bereuen.
Und wofür willst Du Dir traurige Gäste sammeln?
Einen Wunsch mein Herz, will ich Dir verlernen:
Den Wunsch, dass sich ein Mensch in Dir ganz glücklich fühlt.
Du würdest Dich im geheimen danach sehnen, dass er Dich nie zu klein empfindet, dass er nie über Dich hinauswächst.
Du solltest so groß werden und wünschen, dass alle Menschen, die Dir begegnen über Dich hinaus wachsen und Dich nicht mehr brauchen, nicht mehr brauchen zum glücklich sein!
Wie hast Du gezittert als dieser Gedanke an Dich herantrat und um Einlass bat. Du hast noch nicht gewusst, wie unendlich bereichert und vertieft, wie herrlich das ist, die Menschen über Deine Grenzen hinauswachsen zu lassen.
Wie weit und schön ist dadurch Deine Wildnis geworden.
Du brauchst die Liebe der Menschen nicht mehr.
Wie schön das ist, einen Menschen zu lieben, ohne ihn zu brauchen.
Es gibt keine Enttäuschung, nur eine Grenzenlose, schöne freie Welt.
Mein Herz, Du hast eine Wildnis, ein Land gesucht, wo das Geheimnis der LIEBE gedeiht.
Wo es nicht durch den täglichen Gebrauch gewöhnlich und banal wird.
Ich suche das Land, wo ich den Zauber der Liebe retten kann.
Und ich fand, dass alles der Alltäglichkeit und der Plattheit anheim fällt, wenn man es missbraucht und gebraucht.
Nur wer die Menschen, die Geheimnisse nicht braucht, wer so groß zu sein vermag, dass er alles vermissen kann, der kann sich retten vor der
ALLTÄGLICHKEIT DES LEBENS."
(Der Autor ist mir leider unbekannt, aber mögen seine weisen Worte bei Dir, lieber Leser, Gehör finden und in Dein Herz Einzug halten.)